Visitenkarte Zaisenhausen

Die Gemeinde Zaisenhausen, ein ursprünglich altes fränkisches Reihendorf, liegt am nordöstlichen Rand des badischen Landkreises Karlsruhe im Kraichgauer Hügelland. Die 1.011 Hektar große Gemarkung besteht aus flachen mit Löß und Lößlehm bedeckten Hügeln, die vom Wiesental des Kohlbach und einigen kleinen Nebentälern gegliedert werden. Der höchste Punkt der Gemarkung wird im Nordwesten auf dem Zaiselberg mit 251 m über dem Meeresspiegel erreicht. Die niedrigste Stelle befindet sich bei 167 m am Kohlbach an der Gemarkungsgrenze zu Oberderdingen-Flehingen.

 

Die fruchtbare Zaisenhäuser Gemarkung ist seit der Epoche der Bandkeramiker in der Jungsteinzeit vor 7.000 Jahren praktisch durchgehend besiedelt. Aus der Bronze- und Eisenzeit ist eine Reihe von Funden und Siedlungspuren vorhanden. Für die Römerzeit kann eine Villa Rustica nachgewiesen werden.

Ein fränkisches Königsgut wurde nach der Völkerwanderungszeit zur Keimzelle des heutigen Dorfes. Dieser Königshof mit 23 grundhörigen Hofstätten unterstand dem Kloster Weißenburg im Nordelsass. Urkundlich erwähnt wurde Ceisenhusen erstmals im Jahr 991, als der Salier-Herzog Otto diesen Königshof zusammen mit 67 anderen Gütern des Klosters in seinen Besitz brachte.

Im Mittelalter übte das Zisterzienser-Kloster Maulbronn rund 400 Jahre lang die Ortsherrschaft aus. Um 1500 hatte sich Zaisenhausen zu einem stattlichen Dorf mit 600 Einwohnern und zwei Dorftoren entwickelt. Etwas außerhalb befand sich im Gewann ´Hofrecht´, in der Nähe des heutigen Friedhofs, ein befestigter Weiler mit einer eigenen Kirche. Nach der Reformation gehörte der Ort zu Württemberg und ab 1747 zur Kurpfalz.

Den Höhepunkt seiner bisherigen Geschichte erlebte der Ort im 18. Jahrhundert, als im Kohlbachtal schwefelhaltige Heilquellen entdeckt wurden. Daraufhin errichteten die Landesherren hier weitläufige Kuranlagen, die Kranke und Badegäste aus weitem Umkreis anlockten und dem Ort eine wirtschaftliche Blütezeit bescherten.

Im Zuge der Neuordnung Europas durch Napoleon wurde Zaisenhausen im Jahr 1803 badisch und dem Bezirksamt Bretten zugeordnet. Nach dessen Auflösung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1936 wechselte Zaisenhausen zum Sinsheimer Sprengel.

Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges hatte das Bauerndorf fast ausschließlich evangelische Einwohner. Durch den Zuzug von fast 500 Heimatvertriebenen und Flüchtlingen kamen in der Nachkriegszeit viele katholische Einwohner hinzu.

Erst ab den 1960er Jahren erlebte Zaisenhausen einen grundlegenden Strukturwandel von einem traditionellen Kraichgauer Bauerndorf zu einer gewerblich-industriell geprägten Gemeinde, in der heute über 900 Menschen einen Arbeitsplatz finden. Damit verbunden war die Schaffung von zwei Gewerbegebieten und mehreren neuen Wohngebieten sowie der Zuzug einer größeren Anzahl von Einwohnern aus Osteuropa und dem Mittelmeerraum.

Bei der großen baden-württembergischen Verwaltungsreform zu Beginn der 1970er Jahre konnte Zaisenhausen seine Selbständigkeit behaupten. Das Dorf blieb badisch und wurde nach der Auflösung des Landkreises Sinsheim dem Landkreis Karlsruhe zugeteilt und ist heute mit rund 1.800 Einwohnern dessen kleinste Gemeinde. Mit der Nachbargemeinde Sulzfeld besteht seit 1975 eine gut funktionierende Verwaltungsgemeinschaft.

Wahrzeichen der Gemeinde ist die nach Plänen des großen badischen Baumeisters Heinrich Hübsch im Jahr 1836 fertiggestellte doppeltürmige evangelische Kirche in der Ortsmitte, die auch als „Dom des Kraichgaus“ bezeichnet wird. Ein lebensgroßer bronzener Esel des Künstlers Martin Kirstein vor dem Rathaus weist humorvoll auf den Uznamen der Einwohner hin.

Durch die Umgehungsstraße im Zuge der B 293 und den Anschluss an die Stadtbahnlinie S4 von Karlsruhe nach Heilbronn ist Zaisenhausen heute verkehrsmäßig hervorragend erschlossen. Zusammen mit seiner Lage im reizvollen Kraichgauer Hügelland macht dies den hohen Wohnwert der Gemeinde aus.

Majolika zur Geschichte der Gemeinde

Diese wertvolle Baukeramik im 1970 erbauten Rathaus wurde in der Staatlichen Majolika-Manufaktur Karlsruhe von dem Künstler und Keramikmeister Karl-Heinz Feisst (1925-2011) entworfen und angefertigt.

Wappen linke Seite:

oben: Gochsheim (Ebersteiner Rose), Baden, Kloster Maulbronn, Göler von Ravensburg  

unten: Herren von Enzberg (Zaisolf-Wolframe), Grafen von Neipperg

Wappen rechte Seite:          

oben: Kurpfalz          

unten: Sickingen/Flehingen

Bekannte Persönlichkeiten aus Zaisenhausen

Andreas Schühle der Ältere

1759 - 1843                 

Abgeordneter im ersten badischen Parlament

 Andreas Schühle d. Ä. war von 1804 - 1831 Schultheiß in Zaisenhausen. Im Ortssippenbuch wird er auch als ´der alt Vogt´ bezeichnet. Offensichtlich war Andreas Schühle überörtlich sehr bekannt und geachtet, denn er wurde im Jahr 1818 als Abgeordneter für den Amtsbezirk Bretten und Teile des Amtsbezirks Eppingen in die Zweite Kammer des ersten Parlaments im Großherzogtum Baden gewählt. Er übte sein Amt als Abgeordneter von 1819-1821 aus.

In Zaisenhausen war er zusammen mit dem Volksdichter Samuel Friedrich Sauter und Pfarrer Hamel maßgeblich an der Entscheidung für den Bau einer neuen Dorfkirche nach den Plänen des großen badischen Baumeisters Heinrich Hübsch beteiligt.

Samuel Friedrich Sauter

1766-1846

Volksdichter und Schulmeister

Der bekanntester Einwohner Zaisenhausens war der Volksdichter Samuel Friedrich Sauter. Er war mehr als 25 Jahre der Schulmeister des Dorfes. Neben seinem Hauptberuf als Lehrer war Sauter auch als Mesner, Chorleiter, Gerichtsschreiber, Steuereinnehmer, Heimatforscher und Landwirt tätig. Außerdem hatte er für eine große Familie zu sorgen.

Daneben betätigte er sich als Heimatforscher und kämpfte unermüdlich für die gesellschaftliche Aufwertung seines Berufsstandes. Nach seiner Berufstätigkeit kehrte Sauter in seinen Geburtsort Flehingen zurück.

Sauter verfasste über 300 Gedichte und gereimte Erzählungen. Zu seinen  bekanntesten Werken zählen die Lieder „Das arme Dorfschulmeisterlein“, „Das Lied vom Krämermichel“ und das „Kartoffellied“. Sein Gedicht „Der Wachtelschlag“ wurde von Ludwig van Beethoven und Franz Schubert vertont.

Emma Wanner

1885 - ?

Mundartforscherin und Lehrerin

Als junge Lehrerin hat die in Unterwittighausen im Main-Tauber-Kreis geborene Emma Wanner die lokale Mundart, wie diese um 1900 gesprochen wurde, in ihrer ´Lautlehre der Zaisenhäuser Mundart´ nach wissenschaftlichen Kriterien beschrieben. Der bekannte Germanist Ludwig Sütterlin von der Universität Heidelberg beriet sie bei ihrer Arbeit. In den Jahren 1907-10 wurden die sprachwissenschaftlichen Ergebnisse Emma Wanners in mehreren Artikeln in der Zeitschrift für deutsche Mundarten veröffentlicht. Später unterrichtete sie in Heidelberg und war dort nach dem Zweiten Weltkrieg Rektorin der Lieselotteschule.

Erwin Eckert

1893-1972

Pfarrer und sozialistischer Politiker

Erwin Eckerts Vater war Lehrer in Zaisenhausen. Als Erwin sechs Jahre alt war, zog die Familie nach Mannheim, weil sein Vater dort eine Lehrerstelle übernahm.

1911 trat Erwin Eckert in die SPD ein und studierte Philosophie und Theologie. Als Kriegsfreiwilliger nahm er am Ersten Weltkrieg teil. Seine Erfahrungen in diesem Krieg machten ihn aber zu einem entschiedenen Kriegsgegner. Er wurde Pfarrer und war einer der führenden Köpfe des Bundes der religiösen Sozialisten.

Eckert war in der Endphase der Weimarer Republik einer der profiliertesten Redner gegen den Nationalsozialismus, vor dem er in vielen Veranstaltungen vor Tausenden von Zuhörern warnte.

Wegen seiner antimilitärischen Einstellung und seiner innerparteilichen Kritik wurde er 1931 aus der SPD ausgeschlossen. Infolge seines anschließenden Wechsels zur KPD wurde Pfarrer Eckert vom deutschnationalen Karlsruher Oberkirchenrat fristlos entlassen. Sofort nach der Machtergreifung durch die Faschisten war Erwin Eckert mehrere Jahre lang inhaftiert. Nach Kriegsende wurde der bekannte Nazigegner 1946 als Staatskommissar in der erste Allparteienregierung Südbadens berufen. Ab 1949 war er Landtagsabgeordneter der KPD bis zu deren Verbot im Jahr 1956.

Gemäß seinem Wahlspruch Dem Ganzen dienen, sich selbst treu bleiben setzte sich Erwin Eckert als eines der beiden deutschen Mitglieder im Weltfriedensrat  für soziale Gerechtigkeit und Frieden in der Welt ein. Dieses Engagement brachte ihn in den vom Antikommunismus geprägten Anfangsjahren der Bundesrepublik erneut in Schwierigkeiten. Erwin Eckert wurde 1960 als führendes Mitglied im Friedenskomitee der Bundesrepublik Deutschland wegen „Rädelsführerschaft in einer verfassungsfeindlichen Vereinigung“ in einem international beachteten Prozess zu einer Haftstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt.

Seinen Lebensabend verbrachte Erwin Eckert in sehr bescheidenen Verhältnissen. Erst 1999 wurde Erwin Eckert posthum von der Synode der evangelischen Landeskirche rehabilitiert.

Professor Wilhelm Artur Barthlott

*1946

Wissenschaftler von Weltrang

Wilhelm Barthlott ist der Sohn des Zaisenhäuser Ochsenwirts und Metzgermeisters Arthur Wilhelm Barthlott  und dessen Ehefrau Elsa geb. Hilpp. Nach dem Abitur am Justus-Knecht-Gymnasium in Bruchsal studierte er Biologie, Chemie, Physik und Geographie in Heidelberg, wo er 1973 promovierte. Danach unternahm er erste Forschungsreisen nach Afrika und Südamerika. Ab 1982 war Wilhelm Barthlott Professor an der Freien Universität Berlin und von 1985 bis 2011 Direktor des Botanischen Gartens der Universität Bonn. Im Jahr 2003 war er Gründungsdirektor des Nees-Instituts für Biodiversität der Pflanzen der Bonner Universität.

Sein Hauptarbeitsgebiet sind die Erforschung und der Schutz der Biodiversität und die elektronenmikroskopische Feinstruktur biologischer Oberflächen und deren technische Anwendung, ein Fachgebiet das man heute als ´Bionik´ bezeichnet. Seine Entdeckung des Lotus-Effektes und des Salvinia-Effektes bedeutete weltweit einen Durchbruch für Oberflächentechnologien.

Wilhelm A. Barthlotts Forschungsergebnisse sind in vielen Büchern und in weit über 450 wissenschaftlichen Publikationen zusammengefasst. Er erhielt zahlreiche nationale und internationale Preise und Auszeichnungen, darunter den Deutschen Umweltpreis. Unter anderem ist er auch Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften ´Leopoldina´. 

Wilhelm Barthlott lebt seit seiner Emeritierung in Bonn und ist unverändert seiner Heimat verbunden. Im Jahr 2021 erhielt anlässlich seines 75. Geburtstages der Hauptweg vom Bonner Schloss Poppelsdorf zu den Botanischen Gärten, deren Direktor er lange Zeit war, den Namen Barthlottweg.